Predigtstuhlbahn braucht eine Million Euro

Insolvenzverwalter will Sanierung vorantreiben und Fördergelder abrufen

BAD REICHENHALL – Anfang Mai ist das Insolvenzverfahren der Predigtstuhlbahn eröffnet worden, ein Investor ist bis heute nicht gefunden. Für Insolvenzverwalter Klaus Martin Lutz jedoch kein Grund zur Sorge. Er verweist auf die aktuelle Wirtschaftskrise, in der es schwieriger ist, einen Käufer zu finden, als es noch vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Während er Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten führt, will er nun die Sanierung der Bahn vorantreiben. Er bemüht sich deshalb um die bereits zugesagten Fördergelder von Bund und Land in Höhe von insgesamt 2,2 Millionen Euro. Benötigt wird dafür eine Million Euro an Eigenmitteln der Predigtstuhlbahn. Lutz arbeitet derzeit daran, diese zusammenzubekommen.

„Die Verhandlungen mit potenziellen Kaufinteressenten ziehen sich noch in die Länge“, informiert der Rosenheimer Rechtsanwalt Klaus Martin Lutz auf Anfrage der Heimatzeitung. „Im Hinblick auf die auf den Käufer zukommenden Investitionssummen aber ein ganz normaler Vorgang“, schiebt er hinterher. Dass das Insolvenzverfahren bereits seit sechs Monaten läuft und noch immer kein Investor gefunden ist, beunruhigt Lutz nicht: „Ein Insolvenzverfahren hat keine zeitliche Beschränkung. Es ist also durchaus denkbar, dass ein Verfahren zehn oder 15 Jahre dauert und im Rahmen dieser Dauer ein Unternehmen schrittweise saniert oder veräußert wird.“

In Geduld üben müssen sich also die Gläubiger. Nach Bekanntwerden der finanziellen Schieflage der Predigtstuhlbahn berichtete Lutz von einer Deckungslücke von 800.000 Euro. 400.000 Euro waren durch Bausünden angefallen, 200.000 Euro hatten sich im laufenden Betrieb angesammelt. „Die Gläubiger werden wie üblich im Insolvenzverfahren über die nach Abschluss des Verfahrens feststehende Quote bedient. Diese hängt maßgeblich davon ab, zu welchem Kaufpreis die Bahn veräußert werden kann. Der Preis wird im Wesentlichen vom Markt und der Nachfrage bestimmt“, erklärt der Insolvenzverwalter. Schon seit Monaten führt er Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten. Erst in den vergangenen Tagen soll sich wieder einmal ein neuer möglicher Investor die Bahn angesehen haben. „Die Bahn ist Eigentümerin eines Grundstücks von 5.500 Quadratmetern im Tal, auf der sich die Talstation und weitere Gebäude befinden, und außerdem – was in Deutschland ziemlich einzigartig ist – auch Eigentümerin eines Bergrestaurants mit Hotelanlage und Restaurant mit 6.500 Quadratmetern. Auch ist sie Eigentümerin der wohl ältesten Großkabinenseilbahn Europas, die unter Denkmalschutz steht.“

Da Lutz erkannt hat, dass sich der Verkauf der Bahn in die Länge ziehen wird, hat er sich seiner Auskunft nach in den vergangenen Wochen darum bemüht, dass die Sanierung der Predigtstuhlbahn wieder in die Wege geleitet wird und die dafür benötigten Fördergelder zur Verfügung gestellt werden. Wie mehrfach berichtet, haben Bund und Land Fördermittel von insgesamt 2,2 Millionen Euro zugesagt, wenn die Bahn über Eigenmittel von rund einer Million Euro verfügt. Das heißt, Klaus Martin Lutz muss eine Million Euro auftreiben, weil die Predigtstuhlbahn diesen Betrag derzeit nicht alleine aufbringen kann. Lutz ist aber zuversichtlich, dass er die Summe zusammenbekommt. Außerdem will er in den nächsten Wochen bezüglich der Zuschüsse Verhandlungen führen und die Voraussetzungen für die Auszahlung schaffen.

Bei der Predigtstuhlbahn führt er einen scharfen Sanierungskurs, als er dort begann, die Geschicke zu leiten. Den Betrieb des defizitären Berghotels hat er eingestellt, das Bergrestaurant verpachtet. Mitarbeiter mussten gehen. „Der personelle Anteil am Kostenapparat war prozentual zum Umsatz viel zu hoch. Es entstanden dadurch erhebliche Verluste in diesem Bereich. Der jetzige Personalstand ist wirtschaftlich so aufgestellt, dass mit der Bahn derzeit gesicherte Gewinne gemacht werden können“, spricht er, schreibt aber „schwarze“ Zahlen.

Unterstützung von der Stadt Bad Reichenhall gibt es für das in die Jahre gekommene Unternehmen nicht. Sie beteiligt sich jedoch an den Infrastrukturkosten. Rund 192.000 Euro fallen für die Bahn jedes Jahr für den Unterhalt von Gehwegen und Anlagen auf dem Predigtstuhl an. Die Stadt steuert davon immerhin 145.000 Euro als Kostenerstattung bei. Wie Kämmerer Franz Rehrl erklärt, gibt es einen Beschluss, wonach die Stadt sich zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn die Bahn bestimmte Leistungen erfüllt. Die 145.000 Euro bekommt die Bahn aber auch nur so lange, bis „trotz des laufenden Insolvenzverfahrens – so lang die Bahn in Betrieb ist und ihre Funktion erfüllt“, sagt Rehrl.

Je nach Witterung wird die Predigtstuhlbahn auch im bevorstehenden Winter fahren, auch wenn derzeit die Gondeln stillstehen. Grund ist die Revision, die immer im November stattfindet. Im Dezember wird dann die Bahn ihren Betrieb wieder aufnehmen.

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