“Fliegen ist für mich die totale Freiheit”

Reichenhaller Tagblatt Sport aus der Region 16.04.2008

„Mister Streckenflug“ Torsten Hahne zu Gast beim Reichenhaller Gleitschirmclub Albatros

BAD REICHENHALL – Er zählt zu den besten Gleitschirm-Streckenfliegern: Weltrekorde, Europa- und Weltmeisterschaft, World-Cup, Streckenflugpokal, x-mal Deutscher Meister. Die Erfolgsliste von Torsten Hahne ist lang und spiegelt die Leistungen des 42-jährigen Flugprofis wider. Auf Einladung des Reichenhaller Gleitschirmclubs Albatros referierte Hahne jüngst über die Besonderheiten des Streckenfliegens und gab wertvolle Wettertipps.

„Mit einem Gleitschirm fliegt man genauso wie ein Adler“, versucht Torsten Hahne seine Leidenschaft in Worte zu fassen und ergänzt: „Da oben ist man mit seinen Entscheidungen nur auf sich gestellt.“

Mit 19 Jahren hat er das Fliegen für sich entdeckt, zuerst mit dem Drachen, später mit dem Gleitschirm. „Eigentlich bin ich durchs Bergsteigen dazu gekommen, ich hatte einfach keine Lust, wieder zu Fuß runterzulaufen“, erinnert er sich schmunzelnd. Ein Freund hat ihm damals einfach einen Schirm in die Hand gedrückt. Anfangs wussten beide nicht mal genau, wie die Schnüre richtig ausgelegt werden. „Ein absoluter Wahnsinn“, gesteht er im Nachhinein. Aber die Begeisterung nach dem ersten Flug war so groß, dass er den Gleitschirm gleich gekauft hat.

Für seine Streckenflüge startet der erfahrene und als hervorragender Wetterfrosch bekannte Pilot gerne vom Hochfelln. „Nur immer von seinem Hausberg runterfliegen ist ja ganz nett, aber einem entgeht was, wenn man mit seinem Gleitschirm nicht auf Streckenflug geht. Bei idealen Wetterbedingungen, einem sogenannten Hammertag, seien durchaus um die 300 Kilometer drin – der Weltrekord liegt bei 423 Kilometern. „Nach Hause kommt man immer, ob mit dem Bus oder per Anhalter.“

Wenn Torsten Hahne von seinem Sport erzählt, fangen seine Augen zu leuchten an. Der Hautarzt aus Siegsdorf ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Das Risiko beim Fliegen steckt für ihn immer im Piloten selbst: „Wenn etwas passiert, dann war es mit Sicherheit eine Fehleinschätzung des Wetters und des eigenen Könnens. Seit seine Frau, auch eine ehemalige Deutsche Meisterin mit dem Gleitschirm, vor Jahren einen schweren Unfall hatte, hat sie das gemeinsame Hobby aufgegeben. Für Torsten Hahne hat sich deshalb beim Fliegen nichts geändert: „Wenn der Partner einen Autounfall hatte, dann fährt man deswegen ja auch nicht anders.“

Wichtig ist es, an einem dieser besonderen Tage die Thermik optimal auszunutzen, das heißt, so früh wie möglich zu starten. Am Hochfelln ist dies oft schon ab halb zehn möglich: Sobald die ersten Quellwolken auftauchen, funktioniert der Bart. In der Pilotensprache ist das der Ausdruck für thermische Aufwinde, die durch Temperaturdifferenzen der Luftmassen entstehen. Für das Streckenfliegen sind Aufwinde unter Wolken von besonderer Bedeutung. Sie entstehen durch die Kondensation aufsteigender feuchter Luft und können ihrerseits weitere Luftmassen ansaugen. Bei entsprechenden Windverhältnissen entstehen regelrechte Wolkenstraßen, die man „nurmehr abfliegen“ muss.

Vom Hochfelln geht es für Torsten Hahne auf seinen Streckenflügen in den österreichischen Pinzgau und somit Richtung Alpenhauptkamm, gerne über die „Thermik-Tankstelle“ Hörndlwand zum Dürrnberg. Dort müsse man unbedingt geduldig sein, sonst landet man unfreiwillig auf der Winkelmoosalm. „Die ist zwar schön, aber der Flugtag ist vorbei“, so Hahne. Weiter geht es dann über die Waidringer Buckel zum Pass Thurn. Drei Dinge sollten Gleitschirmflieger auf ihrem Weg beachten, so der Rat des Experten: „Eine hohe Basis zu erwischen, immer über dem Grat anzukommen und ‚Full Speed‘ zu fliegen – auch wenn das ganz schön wackelig werden kann.“

Die Fotos, die Torsten Hahne bei seinem Vortrag mit im Gepäck hatte, zeigen auf unterschiedliche Weise immer das gleiche Motiv: Vor einer gewaltigen Felswand oder einer endlos scheinenden Bergkette schwebt elegant ein Gleitschirmflieger. Aus seiner Vogelperspektive erscheint die Welt unten ganz klein. „Da oben fliegen wir wie die Adler, um einen herum ist nur Stille.“

-kb

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