
Egal, wohin es in den Urlaub geht, der Gleitschirm ist immer dabei. Am liebsten fliegt Jasmin Klünsner jedoch in den
heimischen Bergen. Den ersten richtigen Höhenflug allein und von „ganz oben“ bestritt sie mit 30 Jahren im Mai 2018 bei
St. Johann im Pongau. „Vor dem Start bin ich vor Aufregung fast gestorben“, sagt sie. Wenn man aber erst einmal in der
Luft sei, dann sei es egal, ob sich 200, 500 oder 1000 Meter unter einem befinden.
Die 36-Jährige ist seit kurzem Vorsitzende des heimischen Gleitschirmclubs Albatros (GSC) und tritt damit in große Fußstapfen: Wolfgang Nöhrig führte den Reichenhaller Verein 14 Jahre lang, bis er im Frühjahr das Zepter übergab. Der gebürtigen Schwenningerin ist aber nicht bange: „Natürlich habe ich größten Respekt, wie großartig der Wuffl das gemacht hat. Er hat aber von Anfang an versichert, dass ich mich mit allen Fragen an ihn wenden darf – und das tue ich. Antwort und das entsprechende Feedback kommen immer sofort.“ Auch mit der Organisation des Stadtwerke Grazi-Man unterstütze ihr Vorgänger das Team tatkräftig. „Über diesen Rückhalt bin ich sehr froh, deshalb fühle ich mich überhaupt nicht alleingelassen.“
Betriebswirt an der Steigenberger-Akademie.
Zudem befindet sich mit 2. Vorstand Sebastian Wegscheider einer in der Führungsriege, der ebenfalls bereits die nötige Erfahrung mitbringt und als wichtiger Unterstützer wirkt. „Mit dem gesamten Team macht es einfach riesigen Spaß“, so Klünsner – „besonders, da die Saison bereits auf Hochtouren läuft“.
2014 kam Klünsner nach Bad Reichenhall, um bei der Steigenberger-Akademie ihren Hotel-Betriebswirt zu machen: „Die beiden besten Jahre meines Lebens, eine unvergessliche Zeit“, sagt sie in der Nachbetrachtung mit einem Schmunzeln. Kurz ging es danach nochmal in die Heimat, ehe es sie zurück ins Berchtesgadener Land zog. 2017 lernte sie ihren heutigen Mann Alexander, einen Kärntner, kennen und gründete eine Familie. Ihr Sohn Maximilian kam vor drei Jahren zur Welt. Sie leben in Nonn. Jasmin Klünsner arbeitet bei der Berchtesgadener Land-Wirtschaftsservice GmbH in Freilassing und betreut dabei hauptsächlich Unternehmensgründer aus der Region.
In Werfenweng den Flugschein gemacht
Schon beim Skifahren mit den Eltern im Bregenzerwald faszinierten Klünsner die bunten Gleitschirme am Himmel. „Auf die Idee, das einmal selbst zu machen, wäre ich aber nie gekommen“, sagt sie. Doch ihr Mann war schon zehn Jahre lang als ambitionierter Streckenflieger mit Tandemschein unterwegs und brachte sie zu diesem Sport. Schließlich war ihr Blick in der Wahlheimat Bad Reichenhall immer wieder nach oben gegangen, zu den vielen Paragleitern rund um Staufen, Zwiesel und Predigtstuhl. Nach dem ersten Flug zu zweit war‘s um sie geschehen: „Ich habe dann in Werfenweng meinen Flugschein gemacht.“
Brenzlig wurde es zum Glück noch nie, beim Fliegen: „Ich bin da aber schon auf der sehr vorsichtigen Seite unterwegs.“ Anfangs hob sie noch viel am Bischling ab, durch den Wohnort Piding und seit einem Jahr Bad Reichenhall kam zwangsläufig der Kontakt zum GSC zustande. „Hier werden keine Start- oder Landegebühren erhoben, da war es nur fair, den heimischen Verein vor Ort zu unterstützen.“ Durch die ersten Club-Ausflüge, Weihnachtsfeiern und vieles mehr wurde die Bindung stärker, ihren ersten GraziMan bestritt Jasmin Klünsner im vergangenen Jahr mit Monika Aschauer und Anna Maier einfach zum Spaß. 2019, vor Corona, habe sie sich das noch nicht zugetraut, und 2022 musste ausgerechnet zur 25. Auflage – durch die Pandemie verspätet – die Flugdisziplin wegen schlechter Windverhältnissen ausfallen.
Eher Genussfliegerin als Wettkampftyp
Selbst wird sie heuer, als neue Vereinsleaderin, nicht teilnehmen, weil sie als Pilotin zu lange und zu weit vom Geschehen, also am Berg wäre: „Ich bin aber ohnehin nicht so der Wettkampftyp, eher die Genussfliegerin – auch wenn das Mitmachen natürlich cool ist. Aber an diesem Tag muss alles passen und sicher ablaufen, da möchte ich schon vor Ort, also im Start- und Zielbereich sein.“ Sie bestreite den Tag ohne feste Aufgabe, sondern werde „überall da sein, wo ich gebraucht werde“.
In einer immer noch stark von Männern dominierte Szene fühlt sich Jasmin Klünsner nicht als Exotin, wie sie sagt: „Wir Frauen fühlen uns an- und aufgenommen sowie absolut integriert. Vielleicht bekommen wir eher mal Hilfe angeboten oder werden unterschätzt.“ Im heimischen Gleitschirmclub sind mittlerweile schon drei junge Frauen im Vorstand. „Es tut sich also was“, schmunzelt die neue Club-Chefin, die zudem berichtet, dass bei den jüngsten Vereinszugängen rund die Hälfte weiblich ist.
An der Bar ins Gespräch gekommen
Ihr Vorstandsamt geht Klünsner unbedarft mit einer gewissen Lockerheit an, bislang hatte sie keine Vereinsfunktion inne: „Das Organisieren taugt mir, das mache ich auch beruflich.“ Nach dem Grazi-Man im letzten Jahr arbeitete sie abends noch an der Bar und kam mit Valentina Pötsch ins Gespräch. Die agierte sehr ambitioniert, damit es mit dem Gleitschirmclub und seinen aktuell rund 220 Mitgliedern weitergeht, wenn Wolfgang Nöhrig als Vorstand aufhört. „Mit der Arbeit und einem kleinen Kind konnte ich mir das zuerst überhaupt nicht vorstellen. Aber irgendwann kam eines zum anderen. Und weil der Zuspruch groß war, habe ich mir das dann doch zugetraut. Zuvor informierte ich mich aber schon intensiv, wie viel hinter so einem Amt steckt“, sagt Klünsner. An den Start- und Landeplätzen wird sie von den GSC-Mitgliedern bereits mit „Frau Präsidentin“ angesprochen.
VERANSTALTUNGEN
Am 27. Juli findet die clubinterne Vereinsmeisterschaft des Gleitschirmclubs Albatros (GSC) statt, wie gewohnt mit Start vom Hochschlegel. Die Vorbereitungen für den 27. Stadtwerke Grazi-Man laufen ebenfalls: Er steigt am 24. August (Ausweichtermin 25.) ab 10 Uhr in Karlstein. Kurze Überlegungen, ihn aufgrund des fast kompletten Vorstandswechsels einmal ausfallen zu lassen, wurden sofort verworfen: „Wir wollen diese großartige Veranstaltung natürlich schon weiterhin anbieten“, so Jasmin Klünsner.
Neu ist, dass beim Grazi-Man heuer zwei Bands spielen werden, die erste am Nachmittag zwischen Wettkampfende und Siegerehrung.
Mitte August wird zusammen mit dem Berchtesgadener Gleitschirmclub ein dreitägiges Sicherheitstraining in der Schweiz angeboten. Die Bezuschussung für Maßnahmen dieser Art wird beibehalten. Ein neuer Windmesser wurde jüngst bei der Fürmannalm in Anger angebracht. Auf der Weitwiese ist künftig für eine konstante Versorgung mit gekühltem Landebier gesorgt.
GSC-Mitglieder, die an Wettkämpfen unter dem Vereinsnamen starten, sollen künftig eine Startgeld-Förderung seitens des Clubs erhalten.
Quelle: pnp.de